21.3.05

Sonnenaufgang



Die Nacht war schön,
sie sollte noch nicht vorbei sein.
Aber der Versuch, den Sonnenaufgang zu verhindern, schlug fehl.
Das ganze Magazin leer, der Rummel umsonst.
Nicht nur, dass die Sonne aufging,
jetzt war er auch noch allein.
Die Illusion der letzten Stunden schmolz dahin,
und die Hektik des Tages kehrte zurück.

7.3.05

Zugreisen



Ich wollte nicht mehr mit dem Auto fahren!
Und wie es so kommt - ich bekam ein Ticket für eine Sonderfahrt, mit einem historischen Zug. Dachte ich.
Gut - es fing an, wie es zu erwarten war: die Sitze unkomfortabel, das Geruckel groß und ich spürte jeden Wirbel im Rücken. Aber dann ging es los. Die Außenwelt fing an zu verschwimmen. Zuerst dachte ich, das läge an meiner neuen Brille. Aber nein! Der Zug wurde nur immer schneller, und Dampf umwaberte die Fenster.
Auch das Gerattere der Achsen ging von einem gleichtönigen TackataTackataTackata in ein immer schneller werdendes RRRRRRR über.
Draußen wurde es rot - wie Abenddämmerlicht.
Ich war auf dem direkten Weg in die Unterwelt.
AUF SCHIENEN !!

Und überhaupt: warum war ich der einzige Fahrgast?
Kurz vor dem Abheben habe ich wohl eine Notbremse gezogen. Nachdem ich wieder auf meinen Beinen stand, war alles wieder wie vorher.
TackataTackataTackata.
Der Zug fuhr pünktlich in Hamburg ein.
Seitdem fahre ich wieder Auto.

3.3.05

Wir standen an der Straßeneck'



Wir standen an der Straßeneck'
Wohl über eine Stunde;
Wir sprachen voller Zärtlichkeit
Von unsrem Seelenbunde.

Wir sagten uns viel hundertmal,
Dass wir einander lieben;
Wir standen an der Straßeneck',
Und sind da stehn geblieben.

Die Göttin der Gelegenheit,
Wie 'n Zöfchen, flink und heiter,
Kam sie vorbei und sah uns stehn,
Und lachend ging sie weiter.

Heinrich Heine